Bürgerinitiative kritisiert Etat für Radverkehr als zu gering – Sachkundige Einwohner*innen erstmals in öffentlicher Sitzung des Unterausschusses Mobilität am 22.10.
Nach Einschätzung der Bürgerinitiative Radentscheid Stuttgart verfehlt der vorliegende Haushaltsentwurf auf lange Sicht das Ziel, Stuttgart zur echten Fahrradstadt zu machen.
Stuttgart verfolgt nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 21. Februar „Stuttgart zu einer fahrradfreundlichen Stadt machen“, das Ziel, den Radverkehrsanteil am gesamten Verkehr in der Stadt bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern – derzeit liegt er bei gerade einmal 8 Prozent. „Will die Stadt das Ziel erreichen, muss sie massiv in den Ausbau der Radinfrastruktur investieren“, sagt Christina Müller, die als stellvertretende Sachkundige Einwohnerin für den Radentscheid im Unterausschuss vertreten sein wird. „Wir fordern die Fraktionen im Gemeinderat auf, die Mittel für den Radetat in den Beratungen deutlich aufzustocken.“
Laut Zielbeschluss soll der Radetat von bisher 12 Euro/p.P. auf vorerst 20 Euro/p.P. und langfristig 40 Euro/p.P. und Jahr gesteigert werden. Im aktuellen Haushaltsentwurf werden die 20 Euro p.P. knapp erreicht – bei dem für Stuttgart erwarteten Bevölkerungswachstum müsste jedoch auch die Investitionssumme kontinuierlich ansteigen und nicht von 2020 bis 2023 gleichbleiben und dann wieder absinken.
„Wir verstehen, dass die 40 Euro Radetat p.P. nicht sofort umsetzbar sind“, sagt Thijs Lucas, Pressesprecher des Radentscheids Stuttgart und als Sachkundiger Einwohner für den Zweirat im Unterausschuss Mobilität. Der Verwaltung fehlten bisher nach Jahrzehnte langem Sparkurs am Rad- und Fußverkehr die finanziellen und personellen Mittel, um loszulegen. „Jetzt muss der Gemeinderat zeigen, dass er auch über 2021 hinaus gewillt ist Lösungen fürs Rad zu schaffen statt Fahrverbote von der Verwaltung einzufordern.“
Benedikt Glitz, Pressesprecher des Radentscheids Stuttgart, kritisiert: „Für einen Tunnel gibt Stuttgart mehr Geld aus als für die ‚echte‘ Fahrradstadt Stuttgart.“ Der Bau des Rosensteintunnels wird wohl mehr als 300.000.000 Euro kosten. Selbst wenn die Stadt 40 Euro pro Einwohner für den Ausbau des Radverkehrs ausgeben würde, sind das lediglich 8 Prozent der Kosten für ein einzelnes Straßenbauprojekt in Stuttgart.
Für den Ausbau der Hauptradrouten ist aktuell nicht mehr Geld eingeplant als im bisherigen Haushalt. „Mehr Mittel für die Umsetzung der Hauptradrouten wären ein starkes Signal“, sagt Meike Reisle, die als Sachkundige Einwohnerin für den Radentscheid Stuttgart an der Sitzung des Unterausschusses Mobilität teilnimmt. Schließlich gebe es das Konzept seit knapp zehn Jahren, nur sei bis jetzt wenig umgesetzt und die Mittel dafür blieben konstant – auch nach dem Zielbeschluss. „So haben wir uns das nicht vorgestellt. Hier muss noch mehr passieren.“
Benjamin Feller, der für den Zweirat als stv. Sachkundiger Einwohner an der Unterausschuss-Sitzung teilnimmt, vermisst „Visionen für eine echte Fahrradstadt“ im Bericht der Verwaltung zum aktuellen Stand der Radverkehrsförderung. „Dieser zeigt zwar eine Zunahme an begonnenen Planungen gegenüber dem Stand der Gemeinderatsdebatte über den Radentscheid. Es werden jedoch oft die Stellen angegangen, an denen jetzt schon geringe Konflikte mit den anderen Verkehrsteilnehmer*innen bestehen.“ Die Umwandlung von Nebenstraßen in Fahrradstraßen sei wichtig, doch solange kein durchgängiges Netz geschaffen werde, scheitere das Vorhaben, Stuttgart zu einer echten Fahrradstadt zu machen, in der alle sicher und gerne Radfahren – alt und jung, gelegentliche und geübte Fahrer*innen.
Hintergrund:
Der Unterausschuss Mobilität des Gemeinderats Stuttgart diskutiert am 22.10. den Haushaltsentwurf für die Jahre 2020/2021 und die darin inbegriffene Förderung des Radverkehrs. Der Radentscheid Stuttgart, der Zweirat, der VCD, der ADFC, die Naturfreunde Stuttgart sowie die Projektgruppe 1 des städtischen Radforums werden erstmals mit je einem*er Vertreter*in als Sachkundige Einwohner*innen Rederecht im Unterausschuss Mobilität des Stuttgarter Gemeinderats haben. Dass sich der Ausschuss künftig zweimal im Jahr ausschließlich mit dem Ausbau des Radverkehrs befassen soll und dabei öffentlich tagt, war eine Forderung des Radentscheids Stuttgart, die im Zielbeschluss des Stuttgarter Gemeinderats „Stuttgart zu einer fahrradfreundlichen Stadt“ zu machen, festgeschrieben wurde.
Der Unterausschuss Mobilität tagt öffentlich am 22.10., 14-16 Uhr im Rathaus Stuttgart, Vertreter*innen der Presse sind herzlich zur Sitzung eingeladen.
Ihr Kontakt für Rückfragen:
Thijs Lucas: 0176 / 41623382 presse@radentscheid-stuttgart.de
Benedikt Glitz: 0157 / 77 78 73 83 presse@radentscheid-stuttgart.de
Mehr Infos unter:
www.radentscheid-stuttgart.de
www.zweirat-stuttgart.de
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