„Über Verkehr lässt sich streiten – über ein rücksichtsvolles Miteinander nicht“ – unter diesem Motto haben wir Vertreterinnen und Vertreter des Stuttgarter Gemeinderates zum Gespräch geladen. Schließlich ist ja Auftakt ins Wahljahr und die Politik darf gerne aus der Diskussion mitnehmen, wie wichtig das Thema Verkehr den Bürgerninnen und Bürgern ist. Dementsprechend groß war auch das Interesse an unserer Veranstaltung: Mit über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war der Raum voll besetzt.
In der Diskussion ging es um mehr als ums Radfahren: Wie können alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer in Stuttgart auch in Zukunft mobil sein? Welche Lösungen bietet die Politik?
Martin Körner (SPD) stellte sein Konzept der „Fünf Minuten Stadt“ vor. Alltägliche Dinge wie Einkaufen oder Kinder in die Kita bringen sollen in fünf Minuten erledigt sein – ohne Auto. „Wir müssen die Lebensqualität innerhalb der Stadtviertel erhöhen“, sagte Martin Körner. Dazu würden unter anderem mehr Stadtbahnen und Busse gehören, die zudem für alle bezahlbar sind.
„Wir in der CDU möchten niemandem von oben herab vorschreiben, welches Verkehrsmittel er nutzen soll“, sagte Beate Bulle-Schmid. Viele Pendler und Lieferverkehr: das seien schließlich auch gute Zeichen einer wirtschaftlich starken Stadt. Grundsätzlich habe aber niemand etwas dagegen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen. Und wenn es mit der Rücksichtnahme klappe, könnten Rad- und Autoverkehr, zumindest auf den Nebenstraßen, gemeinsam funktionieren.
„Wenns konkret wird, hat immer jemand etwas dagegen“ entgegnete Christoph Ozasek (SÖS Linke PluS). „Mehr nachhaltige Mobilität wäre möglich, wenn wir im Gemeinderat die Gelder anders verteilen würden.“ Mehr in Radinfrastruktur investieren, weniger in Tunnel und Autostraßen, war einer seiner Vorschläge. Es sei eine Frage des Willens: „Wollen wir eine Autostadt oder eine Fahrradstadt?“
Für eine „Fahrradstadt“ sprach sich Christine Lehmann (B’90/ Die Grünen) aus. „Ich möchte auch niemanden dazu zwingen, Rad zu fahren – ich möchte dazu verführen“, sagte Christine Lehmann. Wenn beispielsweise neben den Hauptstraßen Radwege ausgebaut würden, sehen die Autofahrer im Stau, dass man auf dem Rad in der Stadt viel schneller unterwegs ist und steigen vielleicht auch um. Verführung zu weniger Autofahren könne aber auch eine Nahverkehrsabgabe sein.
Zum Abschluss stellte Moderator Dominic Eggers (ADFC) die „Rädchenfrage“: Wie halten Sie es mit dem Radentscheid? Beate Bulle-Schmid unterstütze immerhin „dreiviertel“ der 11 Ziele. Die Finanzierung würden sie aber anders gestalten. Die anderen Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer sicherten ihre volle Unterstützung zu und waren voll des Lobes für die Bürgerinitiative. Als „totaler Fan“ bezeichnete sich sogar Christine Lehmann. Christoph Ozasek prophezeite: „Wenn der Radentscheid Stuttgart umgesetzt wird, kommt das einer Mobilitätsrevolution gleich.“
Das hoffen wir doch sehr! Unabhängig davon, wie die rechtliche Prüfung des Radentscheids ausgeht – es wird auf jeden Fall ein spannender Kommunalwahlkampf und unsere Podiumsdiskussion war ein vielversprechender Auftakt, dem noch Konkretes und dem vor allem Taten folgen müssen. Zwar haben sich in den Positionen aller Podiumsteilnehmerinnen und Teilnehmer Teile unserer Ziele wiedergefunden, aber sie sind bisher nur ausgesprochene Ziele. Denn so viel ist weiterhin klar, der Radentscheid wäre nicht nötig, würde unser Gemeinderat nicht nur über Verkehr und das Verhindern von Fahrverboten reden, sondern auch konstruktiv daran arbeiten und die Verwaltung befähigen Radverkehr ernsthaft zu fördern.
Bericht der Stuttgarter Nachrichten über unsere Veranstaltung
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