Die Stadtverwaltung stellt heute ihre Interpretation der Qualitätsstandards des Radentscheids vor. Die Initiative Radentscheid Stuttgart zeigt sich nach 3 Jahren der Gespräche enttäuscht, denn was die Stadtverwaltung vorschlägt und umsetzen will, ist kaum mehr als ein Weiter wie bisher und widerspricht in elementaren Punkten den Qualitätsstandards des Radentscheids und den Wünschen der über 35.000 Unterstützer*innen.
Ort: Großer Sitzungssaal des Rathauses, 3. Stock, Marktplatz 1
Zeit: Dienstag, 29. März, 14:00 Uhr
Nach drei Jahren der Beratung stellt die Stadtverwaltung vor, wie sie als Reaktion auf den Gemeinderatsbeschluss zum Radentscheid von 2019 Radinfrastruktur planen und bauen will. Das eingebrachte Papier, das federführend vom Amt für Stadtplanung und Wohnen geschrieben wurde, beinhaltet 19 Punkte, die die Stadtverwaltung ihren Planungen zugrunde legen möchte. Bedarf für einen solchen Standard zeigte der Gemeinderat auf, als er 2019 beschloss: „Grundsätzlich kommen bei künftigen Planungen diese Qualitätsstandards [des Radentscheids] zur Anwendung.” Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat sich die Stadtverwaltung in den vergangenen drei Jahren mit den Zielen des Radentscheids auseinandergesetzt und Rat sowohl vom Radforum der Stadt als auch von den Vertreterinnen und Vertretern des Radentscheids eingeholt.
Die Qualitätsstandards des Radentscheids wurden in den elf Zielen des Radentscheids beschrieben und im Zielbeschluss des Gemeinderats weiter konkretisiert. Im Kern beschreiben sie Planungsgrößen und Rahmenbedingungen, die einfache und sichere Teilnahme am Radverkehr für jede und jeden unabhängig vom Alter oder physischen Fähigkeiten ermöglichen. Dabei werden sowohl Kinder und Senior*innen mit ihren Bedürfnissen im Stuttgarter Alltag als auch Radpendler*innen berücksichtigt. Außerdem soll der Fußverkehr durch Planungen für den Radverkehr nicht beeinträchtigt werden. Insgesamt ergibt sich aus den Qualitätsstandards des Radentscheids ein deutlich gesteigertes Niveau für die Leichtigkeit des Radverkehrs und auch der Sicherheit im Verkehr insgesamt.
„Allerdings will sich die Stadtverwaltung große Hintertüren offen lassen, mit denen sie weiterhin nach eigenem Ermessen für den Komfort des Autoverkehrs planen kann”, bemängelt Thijs Lucas, einer der Vertrauenspersonen des Radentscheid Stuttgart und Verkehrsexperte im Zweirat, die Vorlage der Stadtverwaltung. „Die Verwaltung attestiert mit ihrem Standard, dass die von uns aufgestellten Ziele rechtlich und technisch möglich sind. Leider will sie weiterhin Radschutzstreifen planen, wie wir sie aus dem Kaltental kennen. Solche Radwege sind kaum mehr als ein Alibi und bringen Radfahrende in gefährliche Situationen”, so Lucas weiter.
Der Radentscheid will mit seinen Zielen jedoch nicht nur hochwertige Radinfrastruktur ermöglichen – das war auch vor dem Radentscheid schon möglich – sondern vor allem verhindern, dass so gefährliche und abschreckende Infrastruktur wie sie derzeit im Kaltental besteht, geplant werden. Zwar formuliert die Stadtverwaltung Radschutzstreifen als „Ausnahmefall”, aber wie sie eine Ausnahme vom Regelfall unterscheidet und ob sie etwas daran hindern würde, eine Ausnahme wie einen Standardfall einzusetzen, beschreibt sie nicht. Thijs Lucas hat dazu eine pessimistische Einschätzung: „Wir wissen von bisherigen Planungen, dass sich die Stuttgarter Verwaltung stark an den untersten Mindestmaßen der Regelwerke orientiert. So holt sie ein Maximum an knapper Fläche für den Autoverkehr zurück und torpediert damit das Ziel, den Radverkehrsanteil auf 25% zu steigern.”
Um im dritten Jahr nach dem Zielbeschluss zur „echten Fahrradstadt” zu Ergebnissen zu kommen, fordert der Radentscheid Stuttgart zeitnahe Verbesserungen der Qualitätsstandards. Dazu wünschen sich die Ehrenamtlichen für das Amt für Stadtplanung und Wohnen vor allem mehr Unterstützung durch die drei betroffenen Bürgermeister.
Ansprechpartner beim Radentscheid Stuttgart
Thijs Lucas, 0176 41623382, presse@radentscheid-stuttgart.de
Weiterführende Links:
Gemeinderatsbeschluss zum Radentscheid (Zielbeschluss zu echten Fahrradstadt)
UA Mobilität am 28.03.2022
Grafische Darstellung von Radwegen nach dem Stuttgart Standard
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