Bereits 10 000 Unterschriften gesammelt – Situation für Radfahrende soll verbessert werden
„Danke, dass ihr das macht“, bekommt das Team rund um den Radentscheid Stuttgart ganz oft zu hören, wenn es auf Stuttgarts Straßen unterwegs ist, um auf die Situationen für Radfahrende aufmerksam zu machen. So auch am Samstagmorgen (1.9.18), als sie den roten Teppich ausrollen. „Wir wollen gesehen und beachtet werden“, erklärt Susanne Keller die Aktion. „Radfahrende sind Teil der Mobilität in der Stadt, werden aber viel zu oft nicht mitgedacht“, kritisiert sie und ergänzt: „Viele haben Angst und trauen sich mit dem Rad schlicht nicht auf die Straße.“ Ein stetig wachsendes Team um den Radentscheid versucht mit einem Bürgerbegehren eine bessere Fahrradpolitik in Stuttgart umzusetzen und sammelt seit Anfang Juni Unterschriften für den Radentscheid Stuttgart. Rund 10 000 Unterschriften konnten die Engagierten bereits sammeln, 20 000 brauchen sie, damit die Bürgerinnen und Bürger der Stadt selbst abstimmen können. Stuttgart ist die erste Stadt in Baden-Württemberg, in der auf diesem Weg die Politik zur Förderung des Radverkehrs bewegt werden soll.
Rund 50 Meter ist der rote Teppich lang und wird von etwa ebenso vielen Engagierten durch die Straßen getragen. Mit dabei sind viele Initiativen und Verbände, die den Radentscheid Stuttgart unterstützen. Immer wenn eine Radfahrerin oder ein Radfahrer in Sicht ist, wird der Teppich auf den Boden gelegt und mit einer La-Ola-Welle werden die Radfahrenden auf ihrem Weg über den Teppich begleitet. Für die Autofahrenden ändert sich das Bild. Statt über den Teppich müssen sie darunter durch fahren. Thijs Lucas betont: „Wir haben nichts gegen Autos, aber gerade kurze Strecken in der Stadt sind mit dem Rad viel besser und schneller zu bewältigen.“ Wenn dabei nur die vielen Hindernisse nicht wären, vor die Radfahrende täglich gestellt werden. Baustellen auf der Hauptradroute 1 ohne Umleitungen für Radfahrende, plötzlich im Nichts endende Radwege, um nur einige zu nennen. „Für mich hat der Umgang mit der Tübinger Straße, die groß als Fahrradstraße gefeiert wurde und diesen Sommer durch das Aufstellen von zwei Ampeln schon wieder lahm gelegt wurde, das Fass zum Überlaufen gebracht“, erklärt Keller. Das ist für sie auch einer der Gründe warum so viele Bürgerinnen und Bürger (56% der Befragten) mit dem Oberbürgermeister unzufrieden sind, wie eine Umfrage jüngst zeigte. „Sie haben einfach mehr erwartet.“
„Wie wenig die Radfahren mitgedacht werden, zeigt auch das Interview von OB Kuhn in dem zwar viel von Mobilität die Rede war, aber mit keinem Wort der Radverkehr angesprochen wurde“ ergänzt Lucas. Mit Radschnellwegen könnten einige der Mobilitäts-und Luftproblemen in der Stadt gelöst werden, sind Keller und Lucas sicher. Und auch die Autofahrer würden profitieren, wenn mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen würden sind sie überzeugt.
Nachtrag: Bilder der Aktion:
Hintergrund
Der Radentscheid Stuttgart ist eine Initiative von verschiedenen Bürgerinnen und Bürgern aus Stuttgart und Umgebung. Sie verbindet vor allem die Ansicht, dass das Fahrrad eines der praktischsten und günstigsten Verkehrsmittel in der Stadt ist. Gemeinsam arbeiten sie in einem wachsenden ehrenamtlichen Team am Gelingen eines Bürgerentscheids für sicheres Fahrradfahren in der Mobilitätsstadt Stuttgart.
Viele Einzelpersonen, Einzelhändler und Verbände unterstützen den Radentscheid Stuttgart, darunter die Stuttgarter Kreisverbände von ADFC, VCD, BUND, Fuss e.V, Electrify-BW und Greenpeace, um nur einige zu nennen. Das zeigt, dass ein breiter Teil der Stuttgarter Gesellschaft die Visionen des Radentscheid Stuttgart von einer lebenswerten Stadt teilt.
Der Radentscheid hat Vorbilder z.B. in Berlin und Bamberg. Zuletzt hat der Stadtrat Bamberg die Ziele des Radentscheid Bamberg beschlossen. Neben Stuttgart bereitet Tübingen den zweiten Radentscheid in Baden-Württemberg vor. Für die Tübinger war der Radentscheid Stuttgart das Vorbild.
Zahlen rund um den Radverkehr in Stuttgart
Das Straßennetz in Stuttgart ist rund 1 600 Kilometer lang, lediglich knapp 10 Kilometer sind reine Radwege oder Fahrradstraßen.
Die Hauptradroute 1 von Vaihingen über die Innenstadt nach Bad Cannstatt ist etwa 20 Kilometer lang. Das ist aktuell die einzige Hauptradroute in Stuttgart, die einigermaßen funktioniert und fertig ist.
Nach einer Auswertung mit OpenStreetMap sind bei der Hauptradroute 1:
- • 41 Prozent der Strecke Radfahrenden vorbehalten;
- • 59 Prozent der Route ist geteilt, Radfahrende mit Autos oder Zufußgehenden, oder mit allen zusammen;
- • 36 Prozent der Strecke fahren Autos mit Radfahrenden zusammen,
- • 20 Prozent der Route teilen sich die Radfahrenden mit den Zufußgehenden;
- • 2 Prozent der Strecke werden die Radfahrenden über Busspuren geleitet;
- • 1 Prozent der Hauptradroute teilen die Radfahrenden mit allen zusammen.
Rund 670 000 Radfahrende zählte die Zählstelle an der König-Karls-Brücke (beim Mineralbad Leuze) seit Jahresbeginn (Stand 29.8.18). An Spitzentagen passieren fast 6 000 Radfahrende die Zählstelle.
Etwa 900 000 Radfahrende zählten beide Zählstellen seit Jahresbeginn (Stand 29.8.18). Im Schnitt werden rund 2 000 Radfahrende täglich gezählt, wobei insbesondere die Zählstelle an der Böblinger Straße viele Radfahrende nicht erfasst, da sie an keiner der Zählstellen vorbei radeln sondern in der Innenstadt bleiben.
Insgesamt, so die Einschätzung der Initiative Radentscheid Stuttgart, ist die Zahl der Radfahrenden pro Tag deutlich höher, wie allein die rund 3 000 Radfahrenden in der Tübinger Straße belegen.
Dokumente:
Pressemitteilung
Zahlen – Radverkehr in Stuttgart
Radinfrastruktur
Ihr Kontakt für Rückfragen:
Susanne Keller
Thijs Lucas
presse@radentscheid-stuttgart.de
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